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Fachwerk 2.0 auf breiteren Schultern

Serielle Lehm/Hanf-Bauplatte aus Brandenburg vor weiteren Architekturanwendungen

Belzig. Die Zukunft des Bauens ist womöglich eng mit dem Fachwerkbau vor Jahrhunderten verbunden: ohne lange Transportwege für das Baumaterial von „nebenan“, ohne große Bautrupps und dennoch rationell und individuell zugleich. Ein solches bereits an einem Musterhaus in Belzig (Land Brandenburg) erprobtes Konzept zum naturintegrierten Bauen mit industriell vorgefertigten Lehm/Hanf-Bauplatten wurde kürzlich auf Empfehlung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks zum Deutschen Umweltpreis 2010 eingereicht.


Foto: neuzeitbau.de

Das Bausystem „Fachwerk 2.0“ des aus Süddeutschland stammenden Architekten Frank Braun verbindet die energetischen und baubiologischen Vorteile traditionell bewährter Baumaterialien mit denen der seriellen, zeit- und witterungsunabhängigen Vorproduktion. Technologisches Herzstück des Modulsystems ist eine 150 kg schwere Normplatte aus Lehm und gehäckseltem Hanfstroh. Die Abmessungen des Steins geben zugleich das Maßsystem für Wohn- und Gewerbegebäude vor, zu deren Errichtung Braun jetzt Branchenpartner aus dem Holz- und dem industriellen Lehmbau sucht.

Innovation mit zwei Neuerungen

Gegenüber der historischen Bauweise weist die Fachwerk 2.0-Technologie der von Braun gegründeten Neuzeitbau GmbH (www.neuzeitbau.de) zwei gravierende Neuerungen auf: Das seinerzeit zur Bewehrung und Verbesserung der Wärmedämmung verwendete Getreidestroh wird jetzt wegen der günstigeren CO2-Bilanz und des besseren Bindungsverhaltens durchgängig durch Hanfstroh ersetzt. Zudem begründet sich die gesamte Architektur auf industriell vorgefertigte Lehmbauplatten. Der Normblock kann nach dem Motto: „Rent a Ziegelei“ in mobilen Containereinheiten direkt dort, wo Hanfstroh und aufbereiteter Lehm zur Verfügung stehen, vorgefertigt werden.

Hanf ist mit einer effektiven CO2-Bindung von 13.5 t/ha ein regelrechter Schadstoff-Fresser und im Anbau anspruchslos sowie ergiebig. Auf einem Hektar können innerhalb einer Wachstumsperiode neun Tonnen Pflanzenmaterial geerntet werden. Neuzeitbau verwendet es als Leichtlehmzuschlag in gehäckselter Form. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen wird keine spezielle Aufbereitung benötigt; dafür reicht ein Häcksler mit scharfen Messern. Zum anderen bilden die beiden mit Lehm vermengten Pflanzen-Komponenten – der holzige Kern (Schäbe genannt) und die Faser – einen idealen Verbund. Die Schäbe sorgt für die Wärmedämmung, die Faser für die Stabilität, so dass allein durch Lufttrocknung bei ca. 40 Grad die Herstellung großformatiger, stabiler Fertigteile möglich ist.

Chance für Vor-Ort-Handwerker

„Unsere neue Generation von Fertighausbau kommt ohne Fertighausfabrik aus und benötigt vor Ort lediglich holzverarbeitende Unternehmen bzw. den klassischen Zimmermann“, betont Geschäftsführer Braun. Auch in Sachen Wärmedämmung müssten sich die beiderseits mit Lehm verputzten Fachwerk 2.0-Wände hinter der eines massiven Holz-Blockhauses mit 50 Zentimeter dicken Bohlen nicht verstecken. „Kommen wir über Produktionspartner ist Laufen, dann könnten Bauherren zum Festpreis auf diese Montagebauweise zurückgreifen und zugleich einen Beitrag zum Aufbau lokaler Wirtschaftskreisläufe leisten“, so der 55-jährige Lehmbauexperte. Grundriss und Höhe der Häuser seien dabei frei wählbar.

Braun will sein Baukonzept mit Hilfe von Investoren und Partnerunternehmen aus dem Holzbau bzw. der Bauelementeproduktion zunächst im Großraum Berlin in Serie starten. „Für mich ist der Einsatz der Lehm-Hanf-Platte als Baumaterial nicht nur an der Peripherie der Hauptstadt denkbar, sondern bundesweit“. Der gesuchte Holzbaupartner sollte über Möglichkeiten serieller Fertigung (Abbundanlage) verfügen, der Plattenproduzent über eine eigene Lehmgrube samt Aufbereitungstechnik. ++

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